Über lettische Schützen im Gebiet von Olaine
Die Memoiren spiegeln den Alltag lettischer Schützen im Raum Olaine wider. Beschrieben werden nicht nur die Lebensbedingungen, sondern auch ihre übliche Aufgabe – die Aufklärung feindlicher Stellungen.
Wir verbrachten die Nacht in Artilleriebunkern nahe des Schlachtfelds. Am Morgen mussten wir nach „Lapsa“ bei der Station Olaine marschieren, wo wir einige Tage und Nächte unter freiem Himmel im Wald verbrachten. Als wir erfuhren, dass wir noch einige Tage dort bleiben müssten, machten wir uns energisch an den Bau von Lehmhütten. Die Türen der Unterstände bestanden mangels Brettern aus Fichtenzweigen. Draht für die Scharniere und Ziegel für die Öfen konnten wir in ausreichender Menge in der zerstörten Station Olaine besorgen, wohin wir, wie uns unsere russischen Nachbarn sagten, nicht gehen durften, da die Deutschen uns sehen und beschießen konnten. Nach etwa einer Woche verließen wir „Lapsa“ und gingen zum Bataillonsstab, der sich in der Nähe der Station Baloži befand.
Sobald eine deutsche Rakete auftaucht, legen wir uns zu Boden, obwohl ihre Schützengräben jenseits des Sumpfes liegen. Im Morgengrauen teilen wir uns in eine dünne Kette auf. Unser Ausbildungstrupp befindet sich am rechten Flügel der Kette. Bevor wir die deutschen Schützengräben erreichen, müssen wir lange durch schneebedecktes Gebüsch waten. Bei jedem Schritt rieselt uns der Schnee hinter die Kragen, unsere Füße sinken in den Sumpf, und unsere Gepäcktaschen schleifen über unsere Schultern. Wir müssen darauf achten, uns nicht zu verlieren. Ständig hören wir Maschinengewehrfeuer vom linken Flügel der Kette, wo unsere Kompanie steht. Auch unsere Artillerie beginnt zu feuern. Kugeln pfeifen auf uns zu. Manche zischen an uns vorbei, manche explodieren vor uns und schlagen in einen Ast ein. Wir schießen nicht, weil wir den Feind nicht sehen können, sondern rücken einfach vor. Auch die feindlichen Kugeln verstecken sich nicht. Wir können auch hier anfangen, denn die „Fritz“ sind nah. Das Feuer wird immer heftiger. In der Nähe höre ich ein langes, schleppendes Stöhnen, das inmitten des Kugelhagels einen bedrückenden Eindruck hinterlässt. Einer unserer Kameraden ist gefallen. Wir ziehen ihn schnell aus; ein kleines Loch ist in seiner Brust zu sehen, aus dem neues Leben strömt. Der zweite fällt ebenfalls. Ich erinnere mich an einen Bauern aus dem Kreis Tukums, Mūri, der bereits an Lettland glaubte und den größten Hass auf die Deutschen empfand. Er war nach der Schlacht verschwunden. Erst im folgenden Frühjahr fanden russische Soldaten seine Leiche. Unwillkürlich wird mir bewusst, dass all jene gefallen sind, die das lettische Volk am meisten liebten, angefangen bei Briežis und endend mit einem unbekannten, unbemerkten Schützen. Ja, sie hatten gute Seelen. Wir überqueren einen Pfad, der durch den Wald führt. Wir legen uns hin. Einige der Tapfereren stehen noch. Die Deutschen sind verstummt. Wir baten unseren Kommandanten um Erlaubnis, den deutschen Schützengraben anzugreifen, aber da unsere Kompanie nicht in die deutschen Schützengräben eindringen konnte, wurde uns dies verweigert. Wir hatten auch keine Verstärkung. Wir bildeten nur eine dünne Linie. Wir lagen auf dem Seil und beobachteten. Da feuerte einer unserer Kameraden, ein tapferer Kurländer, der in der Märzschlacht gefallen war, einen Schuss ab. Wir sahen einen deutschen Helm über die kleinen Birken fliegen. Mit einem weiteren Schuss tötete ein anderer Kamerad einen weiteren Deutschen. Beide Deutschen trugen eine Schachtel Patronen. Da sah ich etwas im Gebüsch gegenüber sich bewegen und sagte meinem Kameraden neben mir, wie er schießen sollte. Wir feuerten beide gleichzeitig. Sofort teilte sich das Gebüsch, und ein alter Deutscher mit blutender Hand erschien, der mit seinem Helm und dem stacheligen Bart wie Mephistopheles wirkte. Er schrie, man solle nicht schießen, weil fünf Kinder zu Hause seien. Wir nahmen ihn gefangen, aber es fühlte sich unnatürlich an, ihn zu berühren. Russische Soldaten brachten ihn weg. Mit meinem Vergleich tue ich ihm vielleicht Unrecht, vielleicht war er ein ehrlicher Familienvater, der sich von seiner Arbeit distanziert hatte, aber in diesem Moment hinterließ er einen schlechten Eindruck. Später gab es auch eine Zeit, da war ich sehr empört über den Krieg, als ich die Qualen eines schwer verwundeten Feindes sah. Aber all diese Momente konnten nur einen flüchtigen Eindruck hinterlassen, denn es herrschte Krieg...
Zeitung „Jēkabpils Vēstnesis“. Januar 1925.
Zugehörige Objekte
Historische Erkundungsroute und Unterstand aus dem Ersten Weltkrieg
Das Gebäude befindet sich in Olaine, in der Nähe des Olaine History and Art Museum.
Die historische Route wurde 2018 auf dem Gelände der russischen Befestigungsanlagen aus dem Ersten Weltkrieg angelegt, die Teil des Verteidigungssystems der Region waren. Die Kämpfe zwischen der deutschen und der russischen Armee im Raum Olaine sind aus mehreren Gründen von Interesse. Das sumpfige Gelände verhinderte schnelle Erfolge und erforderte von den Soldaten vielfältige Fähigkeiten im Umgang mit diesen widrigen Bedingungen. Genaue Geländeanalyse, Aufklärung und die Befestigungen bzw. Ingenieurbauwerke spielten eine entscheidende Rolle im Krieg.
Heute ist der Lehrpfad frei zugänglich und vermittelt einen ersten Eindruck von den Lebensbedingungen der Soldaten. Die restaurierten Gebäude sind geschlossen, können aber nach vorheriger Anmeldung beim Geschichts- und Kunstmuseum Olaine besichtigt werden.
Geschichts- und Kunstmuseum Olaine und Erster-Weltkrieg-Lehrpfad mit Unterstand
Die Ausstellung des Museums für Geschichte und Kunst Olaine ist der Zeit unter sowjetischer Besatzung in Olaine gewidmet. Auf dem Museumsgelände wurde ein Lehrpfad zum Thema Erster Weltkrieg mit rekonstruierten Abschnitten der Befestigungsanlagen angelegt. An der Verteidigungslinie der russischen Armee aus dem Ersten Weltkrieg wurde ein Unterstand nachgebaut. Auch das Fragment eines Geschützturms ist hier zu sehen. In Jaunolaine, am Abzweig nach Plakanciems, ist noch eine aus Stahlbeton errichtete Befestigungsstellung aus dem Ersten Weltkrieg zu sehen. Die hiesige Umgebung war im Ersten Weltkrieg Schauplatz von Kämpfen zwischen russischen und deutschen Truppen. Lettische Schützeneinheiten waren an Aufklärungs- und anderen Operationen beteiligt. Das moorige Gelände war schwer zu verteidigen. Olaine bildet eine wichtige militärhistorische Stätte in der lettischen Geschichte. Der Ort entstand dank seiner günstigen Lage am Postweg zwischen Jelgava und Riga und hat seine Ursprünge an der Stelle des heutigen Jaunolaine. Ganz in der Nähe lag das Landgut Olei. Das heutige Olaine entstand in der Zeit der sowjetischen Besatzung, als hier verschiedene Industrieunternehmen entstanden.

