Warum die Olympischen Spiele nicht in Lettland stattfanden... oder U-Boot-Reparaturen in Daugavgrīva, in der Werft der Baltischen Marine
Als Moskau sich 1980 auf die Olympischen Sommerspiele vorbereitete, stellte sich die Frage nach dem Austragungsort der Segelwettbewerbe. Die Wahl fiel zunächst auf Riga, da die Rigaer Bucht ideale Segelbedingungen bot und die Stadt zudem alt und schön war – sie hätte sich nicht blamieren müssen. Einige Rigaer erinnern sich jedoch noch, oder die jüngere Generation hat im Internet gelesen, dass Riga diese hohe Ehre angeblich abgelehnt habe und die Wettbewerbe deshalb nach Pirita, einem Vorort von Tallinn, verlegt wurden. Die Esten erhielten enorme Fördermittel und errichteten einen neuen, modernen Segel- und Freizeitkomplex, den nach den Olympischen Spielen kein einziger Lette bewunderte. Nun ist jedoch eine interessante Nuance ans Licht gekommen: Es ist bekannt geworden, warum Riga diese Ehre abgelehnt hat.
Schon zu Sowjetzeiten arbeitete die Bürokratie offenbar recht langsam, denn der Apparat war riesig und schwerfällig. Während diese Angelegenheit koordiniert wurde, hatte man bereits erkannt, dass für die Olympischen Spiele eine neue, moderne Autobahn gebaut werden sollte, die Pārdaugava mit Bolderāja und Daugavgrīva verbinden würde. Eine neue vierspurige Autobahn war geplant, und der Bau hatte sogar schon begonnen. Fährt man heute von Pārdaugava in Richtung Daugavgrīva, sieht man etwa ab der Stelle, wo links der heutigen Autobahn noch die Start- und Landebahn des ehemaligen Flughafens Spilve zu erkennen ist, links der Straße noch eine etwa einen Kilometer lange, ebene Fläche, die die Straße doppelt so breit erscheinen lässt. Offenbar war dieser ebene, heute mit Gras, Sträuchern und stellenweise sogar kleinen Bäumen bewachsene Straßenrand der begonnene, aber nie fertiggestellte Autobahnabschnitt. Seine Überreste sind heute fast bis zur Abzweigung nach Kremeri zu sehen. Aber warum wurde dann alles eingestellt und der Segelbetrieb nach Estland verlegt?
Das Projekt und der Plan wurden vom Militär verzögert und schließlich gestoppt. In Bolderāja befand sich eine Reparaturwerft der baltischen Marine, wo – wie sich Ende der 1980er-Jahre herausstellte – nicht nur sowjetische, sondern auch irakische U-Boote repariert wurden, da Saddam Hussein damals noch mit der UdSSR verbündet war. Auch libysche Seeleute wurden auf dem Ausbildungsstützpunkt in Bolderāja ausgebildet. In der Nähe lag Mangaļsala mit speziellen Antennenanlagen, mit deren Hilfe die Gespräche von NATO-Flugzeugen über der Ostsee abgehört wurden. Möglicherweise gab es in der Nähe noch etwas anderes, das das russische Militär nicht an die Öffentlichkeit bringen wollte. Man darf nicht vergessen, dass ausländische Yachten damals schlichtweg nicht nach Lettland fahren konnten, da sie die Irbestraße nicht passieren konnten. Offenbar wollte das russische Militär seine in Bolderāja und der Düna-Mündung verborgenen Geheimnisse nicht preisgeben. Eine weitere interessante Tatsache: Vor dem Krieg befand sich im Winterhafen, genau dort, wo in den 1980er Jahren, zur Zeit des Freistaats Lettland, U-Boote ausländischer Staaten – befreundeter Regime der UdSSR – repariert wurden, die Bolderāja-Werft JSC Vairogs. Die Entscheidung, sie an das Volkskommissariat der Marine der UdSSR zu übergeben, wurde im September 1940 von keinem Geringeren als Vilis Lācis, dem Vorsitzenden des Rates der Volkskommissare der Lettischen SSR, unterzeichnet. Dies geschah natürlich nicht auf seine eigene Initiative hin, sondern auf Grundlage eines Beschlusses der zuständigen sowjetischen Behörden.
Nikolajs Vladimirovs, Direktor des Flughafens "Spilve", A.Pope, Rigas wichtigster Vorort, Riga, Golden Grain, 2005.
Zugehörige Objekte
Festung Daugavgrīva
Die Festung Daugavgrīva (dt. Dünamünde) liegt auf der gleichnamigen Insel an der Mündung des Flusses Buļļupe in die Daugava (Zugang von der Birzes iela aus. Die Festungsanlage entstand im 17. Jahrhundert zur Abwehr möglicher feindlicher Angriffe auf das wichtige Verwaltungs-, Handels und Industriezentrum Riga. Später wurde sie zu einem wesentlichen Bestandteil der Küstenverteidigung der lettischen Armee mit mehreren Vorposten. Das Verteidigungssystem der Festung bildet eines der wertvollsten Objekte des militärhistorischen Erbes in Lettland. Die Festung ist ein anschauliches Zeugnis der lettischen Militärgeschichte. Während des Krimkrieges (1853-1856) beispielsweise wurden lettische und estnische Kanonenbootmannschaften in der Festungsanlage Dünamünde ausgebildet. Diese Kampfeinheiten hatten die örtlichen Häfen und Küsten gegen Angriffe der britischen Flotte zu verteidigen. Im Ersten Weltkrieg wurde hier die Landwehrtruppe Daugavgrīva zusammengestellt - die ersten lettischen Kampfeinheiten noch vor Gründung der lettischen Schützenregimenter. Heute kann man das Festungsgelände besichtigen. In der Nähe befinden sich das Kometenfort, der Küsten-Naturpark und auf der gegenüberliegenden Seite der Daugava die Küstenartillerieforts von Mangaļsala (dt. Magnusholm).