Der Turm der Dreifaltigkeitskirche in Jelgava in der Akadēmijas-Straße 1, wo Egons Užkurelis und Jānis Ģēģeris 1952 eine selbstgemachte lettische Flagge hissten
Am 12. Oktober 1952 hängte der damals erst 14-jährige Egons Užkurelis zusammen mit seinem ein Jahr älteren Freund Jānis Ģēģeris eine selbstgemachte lettische Nationalflagge an den Turm der Dreifaltigkeitskirche in Jelgava, die im sowjetisch-deutschen Krieg im Juli/August 1944 zerstört worden war.
Dieses Datum wurde gewählt, weil es ein Sonntag war, an dem in Pārlielupe die Motorradmeisterschaft von Jelgava stattfand. Dort versammelten sich viele Menschen und von dort aus war der Kirchturm gut zu sehen. Die Flagge war aus einem mit Wasserfarben bemalten Bettlaken gefertigt. Die Art und Weise, wie sie hergestellt wurde, ließ die Tschekisten später vermuten, dass die Fahnenhisser unter den Studenten gesucht werden sollten.
E. Užkurelis und J. Ģēģeri wurden am 23. Oktober 1952 verhaftet und anschließend in Jelgava und im Eckhaus des Ministeriums für Staatssicherheit der Lettischen SSR in Riga verhört. Das Strafgericht des Bezirksgerichts Riga beschuldigte E. Užkurelis und J. Ģēģeri der antisowjetischen Propaganda und Agitation sowie der Mitgliedschaft in einer konterrevolutionären Organisation. Am 10. Januar 1953 wurde E. Užkurelis zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, J. Ģēģeris zu 15 Jahren. E. Užkurelis wurde sieben Monate lang im Zentralgefängnis von Riga festgehalten, bis er am 12. April 1953 aufgrund einer Amnestie freigelassen wurde.
V. Sprūde. „Ich weiß, wer die Flagge gehisst hat!“ Egons Užkurelis erinnert sich an das historische Ereignis seiner Teenagerjahre // Mājas Viesis, 2021, 18. November. https://www.la.lv/zinu-kas-karogu-uzvilka
Zugehörige Zeitleiste
Zugehörige Objekte
Der Turm der St. Dreifaltigkeitskirche in Jelgava
Der Turm der St. Dreifaltigkeitskirche in Jelgava befindet sich im Zentrum von Jelgava.
Die Geschichte des Turms erstreckt sich über mehr als vier Jahrhunderte und ist ein wichtiger Zeuge sowohl der Entwicklung der Stadt als auch tragischer Ereignisse. Die Kirche wurde 1574 im Auftrag des Herzogs von Kurland und Semgallen, Gotthard Kettler, erbaut und ihr Turm, der 1688 unter der Leitung des Meisters Martin Knoch fertiggestellt wurde, wurde zu einem der bedeutendsten Bauwerke der Stadt. Während des Zweiten Weltkriegs wurde Jelgava stark zerstört und die Kirche brannte 1944 nach einem sowjetischen Luftangriff nieder. Nach dem Krieg sprengten die sowjetischen Behörden den Altar und zerstörten die Mauern. Nur der Turm blieb als strategisches Objekt erhalten, da er der höchste Punkt der Stadt war. Während und nach dem Krieg wurde der Turm für militärische Zwecke genutzt. Vom Turm aus wurden die feindlichen Stellungen beobachtet und das Gebiet kontrolliert.
In den Nachkriegsjahren diente der Turm auch als strategischer Punkt für Widerstandsaktivitäten. Er wurde zu einem geheimen Treffpunkt und einer Basis für die Übergabe von Informationen, die für den Kampf gegen das sowjetische Regime unerlässlich waren. Der Turm hat zwar seine historische Bedeutung behalten, ist aber heute als Kultur- und Bildungszentrum wiedererstanden.