So entstand der Brüderfriedhof in Riga.

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Rigaer Brüderfriedhof. Quelle: Lettisches Kriegsmuseum.

Der Erzähler beschreibt die Umstände, unter denen das berühmteste lettische Denkmal für gefallene Soldaten entstand. Wie aus den Memoiren hervorgeht, stieß der Friedhof für Nationalhelden auf eine Reihe von Hindernissen und ablehnende Haltungen, nicht nur seitens der Kirche, sondern auch seitens der Stadtverwaltung von Riga.

„Es gibt wohl niemanden in Lettland, der nicht weiß, dass es in Riga einen Brüderfriedhof gibt. Unzählige Menschen haben ihn bereits besucht. Und doch wissen nur wenige, wie er entstand und welche Kämpfe einst um ihn geführt wurden. Aber kann es denn niemanden geben, der ihn nicht kennt? Kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs stellten die Kirchengemeinden Dom und St. Peter in Riga 146 Gräber auf dem Waldfriedhof für gefallene lutherische Soldaten zur Verfügung, die keine Angehörigen in Riga hatten. Als 1915 das Lettische Schützenbataillon aufgestellt wurde, begann dessen Organisationskomitee, die ersten gefallenen Schützen hier zu bestatten. Später erwies sich der Friedhof als notwendig. Das Organisationskomitee wandte sich mit einem entsprechenden Antrag an die Kirchengemeinden Dom und St. Peter. Und hier mussten wir mit ansehen, wie den Schützen, die im Kampf für ihr Vaterland gefallen waren, selbst in ihrer Heimat die letzte Ruhe verwehrt wurde, und sei es nur in der Heimat.“ Für ein Sandkissen als letzte Ruhestätte entbrannte ein heftiger Streit zwischen dem Organisationskomitee und den Kirchenleitungen, in den auch der Stadtrat von Riga verwickelt war. Das Organisationskomitee reichte am 3. Juni 1916 unter der Nummer 5827 folgenden Antrag beim Stadtrat ein: „Die Kirchenleitungen der Rigaer Evangelisch-Lutherischen Dom- und Peterskirche hatten ein Grundstück auf dem Waldfriedhof für die Bestattung gefallener Soldaten bereitgestellt. Da dort bereits 138 Schützen beerdigt worden waren, wandte sich das Organisationskomitee an die Kirchenleitungen mit der Frage, auf welcher Grundlage sie bereit wären, ein weiteres Grundstück zur Verfügung zu stellen, erhielt jedoch eine kategorische Ablehnung. Aus diesen Aussagen der Kirchenleitungen und der Begründung, dass es ihnen ‚überhaupt nicht möglich sei, ein weiteres Grundstück auf dem Waldfriedhof zur Verfügung zu stellen, da dieser Friedhof vorrangig den Bedürfnissen der Dom- und Petersgemeinden dienen müsse‘, geht klar hervor, dass sie nicht auf das Organisationskomitee eingehen wollten.“

„(…) Das Gelände, das als Brüderfriedhof für die gefallenen Schützen ausgewiesen wird, wird nach der Wiederherstellung des Friedens in unserem Land eingezäunt sein. Die Besucher dieser Gräber werden keine Verbindung zu den Mitgliedern der Pfarreien Dom und Peter haben, deren Interessen die genannte Verwaltung über alles stellt. Zudem sollte nicht vergessen werden, dass diese Verwaltungen der Stadt für die ihnen zugewiesene große Fläche im Waldfriedhof lediglich einen Rubel pro Jahr zahlen. Der Stadt entstehen daher keine finanziellen Verluste dadurch, dass den lettischen Schützen ein vergleichsweise kleines Stück Land zugewiesen wurde. Auch das äußere Erscheinungsbild dieses Brüderfriedhofs wird das Gesamtbild des Waldfriedhofs nicht beeinträchtigen, da er sowohl vom Organisationskomitee als auch von den Angehörigen der gefallenen Schützen kontinuierlich gepflegt wird. Zunächst übernahm das Organisationskomitee die Pflege der Gräber, später dann das Lettische Rote Kreuz.“

So entstand der Friedhof, auf dem legendäre Helden aus allen Gehöften Lettlands ruhen, Schützen wie spätere Teilnehmer des Befreiungskrieges. Sie kämpften wie Brüder, sie fielen wie Brüder, und nun ruhen sie brüderlich in einem gemeinsamen Grab, was diesem Heiligtum den einzig passenden Namen gibt – den Brüderfriedhof (…).

Erzähler: Jānis Goldmanis
Verwendete Quellen und Referenzen:

Zeitung „Lettischer Schütze“, Nr. 12, 1934. Artikelüberschrift: „So entstand der Brüderfriedhof in Riga“.

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Zugehörige Objekte

Rigaer Brüderfriedhof

Der Bruderfriedhof liegt im nördlichen Stadtbezirk Rigas. Der 9 ha große Soldatenfriedhof ist das hervorragendste und bedeutendste Ehrenmal des Landes. Hier haben etwa 3000 gefallene lettische Soldaten ihre letzte Ruhe gefunden. Die Brudergräber entstanden im Ersten Weltkrieg, als man drei Mitglieder der lettischen Schützenregimenter, die im Kampf gegen die deutsche Armee im Tireļi-Moor gefallen waren, dort beisetzte. Später wurden auch an anderen Fronten und anderen Kriegen gefallene lettische Soldaten auf dem Bruderfriedhof bestattet. Das Ehrenmal wurde vom Bildhauer Kārlis Zāle entworfen und ist das erste seiner Art in Europa in dieser Gesamtkomposition aus Landschaft, Architektur und Bildhauerarbeiten. Zum Einsatz kamen hier typische Elemente der lettischen Landschaft, der traditionellen Bauernhöfe, der lettische Folklore und Geschichte, um die soldatischen Tugenden und die Lebenswege der Gefallenen nachzuzeichnen. Das 1936 eingeweihte Ehrenmal besteht aus drei Teilen: dem „Weg der Besinnung“ - eine 250 m lange Lindenallee, der „Heldenterrasse“ mit einer altarartigen Ewigen Flamme auf einem Eichenhain sowie dem weiten Gräberfeld selbst, das von der „Lettland-Mauer“ mit der Skulptur der „Mutter-Lettland“ und ihren gefallenen Söhnen abgeschlossen wird.