Sääre Küstenverteidigungsbatterie Nr. 43
Bereits 1907 begann Russland mit den Vorbereitungen zum Aufbau vorgeschobener Verteidigungsstellungen für seine Hauptstadt St. Petersburg.
Die Hauptstellung war entlang der Linie Tallinn-Porkkala geplant. Weiter davor sollte die Stellung an der Muhu-Straße die Inseln und Meerengen schützen. Sie erstreckte sich von Hiiumaa bis zur Spitze der Sõrve sääre. Auf der anderen Seite der Irbeni-Straße befand sich der Militärhafen Liepaja, der jedoch von den Deutschen ohne große Mühe eingenommen wurde. Die Batterie Sääre wurde in Kriegssituationen und unter Zeitdruck errichtet. Es handelte sich bereits um eine „Sparversion“. Vier in Ost-West-Richtung angeordnete Einzelrohr-Artilleriestellungen, von denen die vierte gegenüber den anderen zurückversetzt war, waren offen und hatten einen schmalen Feuersektor zur Irbeni-Straße. Gleichzeitig wurden auf Aegna und Naissaar teilweise unterirdische Panzertürme für Geschütze desselben Kalibers errichtet. Die Kriegsereignisse an der Batterie Sääre werden in dem Film „Moonzund“ des Lenfilm-Studios aus dem Jahr 1987 erzählt, dessen Vorbild für die Hauptfigur der Kommandant der Batterie Nr. 1 ist. 43, Oberleutnant Nikolai Partenjev. Kommandant der ersten Stellung der Batterie war der Este Jaak Vendla (Feldmann). Die 305-mm-Küstenverteidigungsbatterie Nr. 43 von Sääre (Zerel) bestand aus vier Geschützbasen aus Beton und den dazugehörigen Munitionsdepots mit Holzbalkendecken, die von Kieswällen umgeben waren. Jede Stellung verfügte über ein eigenes Dieselkraftwerk. Zum Komplex gehörten außerdem ein Gefechtsstand und ein Beobachtungsturm, die sich fast einen Kilometer entfernt auf dem Gutshof Sääre befanden. Das Gelände umfasste auch Verteidigungsgräben und einen großen Laufgraben. Die Anlagen wurden auch in den Kämpfen von 1944 genutzt und dabei erheblich erweitert. 1941 dienten die Geschützbasen als Scheinstellungen für die sogenannte Stebel-Batterie, für die Holzmodelle auf Betonfundamenten errichtet wurden. Dadurch wurde der Beton durch die Explosionen von Flugzeugbomben beschädigt. An Stellung Nr. 3 ist ein besonders großer Schornstein zu sehen. Der eigentliche Bau der Batterie begann 1916. Die Planung hierfür begann im Herbst 1912. Nach der Vermessung begannen die Bauarbeiten, doch es wurde ein Hafen für den Transport der Baumaterialien benötigt. Der Hafen von Mõntu wurde 1914 fertiggestellt. Offenbar begann zu dieser Zeit auch der Bau der Stellungen. 1914 wurde eine fünf Kilometer lange Eisenbahnlinie mit einer Spurweite von 750 mm zwischen dem Hafen von Mõntu und der Batterie errichtet. Im Oktober 1917 waren die Betonverteidigungsmauern für zwei weitere Stellungen noch nicht fertiggestellt. Die revolutionär gesinnten Matrosen waren nicht bereit, Befehle zu befolgen. Infolge eines durch eine Fliegerbombe eines deutschen Flugzeugs ausgelösten Brandes ereignete sich eine Explosion im unfertigen Munitionskeller der Artilleriestellung Nr. 3, bei der 70 Matrosen und drei Offiziere getötet und weitere 70 verwundet wurden. Dieses tragische Ereignis demoralisierte die Batteriebesatzung zusätzlich. Beim deutschen Angriff im Oktober 1917 wurden die Kanonen gesprengt. Somit diente die Anlage lediglich der Abschreckung und versperrte deutschen Schiffen die Einfahrt in die Irbenstraße, also nach Riga, Kuressaare und Pärnu. 1922 wurden die zu Schrott verarbeiteten Kanonenteile über den Hafen von Mõntu abtransportiert. Seitdem steht die Anlage leer. Sie stellt einen seltenen Militärkomplex für Saaremaa, Estland und die ganze Welt dar. Das Besondere an der Batterie Sõrve ist, dass zwar eine ähnliche 12-Zoll-Batterie noch in Tahkuna, Hiiumaa, existiert, die Verteidigungsmauern dort aber nicht fertiggestellt wurden. Die Fundamente der Nebengebäude der Geschützanlagen sind in Sääre ebenfalls mehr oder weniger gut erhalten.
Kartierung des estnischen militärisch-architektonischen Erbes und Analyse der Nutzungsmöglichkeiten. 19. und 20. Jahrhundert. Küstenbatterie Sääre (12-Zoll). Gutachten eines Denkmalpflegeexperten. Zusammengestellt von: Tõnu Veldre. Dezember 2017.
Zugehörige Objekte
43. Küstenbatterie in Sääre
Das 2004 als "Geschichtszimmer von Sääre" gegründete Militärmuseum von Sõrve befindet sich in den Gebäuden des ehemaligen sowjetischen Grenzschutzes auf der Spitze der Sõrve-Halbinsel im Dorf Sääre in der Gemeinde Torgu auf der Insel Saaremaa. Der Leuchtturm von Sõrve, eine der meistbesuchten Touristenattraktionen Saaremaas, liegt in Sichtweite, etwa einen Kilometer entfernt.
Während des Kalten Krieges war die Küste von Saaremaa von etlichen solcher Wachposten übersät. In der Regel waren sie mit ein paar Dutzend Matrosen und einigen Offizieren besetzt. Ziel war die Überwachung des Seeverkehrs in der Irbenstraße, denn die Küste von Saaremaa war Teil der maritimen Außengrenze der Sowjetunion. Die Militärausstellung ist in einem 1955 errichteten Kasernengebäude untergebracht und in verschiedene Räume unterteilt. Besucher erfahren hier Näheres zu den Ereignissen des Ersten und Zweiten Weltkriegs auf Sõrve, erhalten Infos zur Sowjetzeit und zur aktuellen militärischen Ausrüstung der NATO-Truppen. Die älteren Objekte wurden von Einheimischen gesammelt und auf Schlachtfeldern gefunden. Heute befinden sich in den Nebengebäuden desselben Komplexes auch eine maritime und historische Ausstellung sowie das Naturmuseum von Sõrve, die auch mit der Eintrittskarte für das Militärmuseum besucht werden können.
In der Nähe des Museums befindet sich die Küstenbatterie Nr. 43 aus dem Ersten Weltkrieg. Hier kann man Geschützstellungen aus Beton und Schutzmauern zweier Stellungen sowie den Sandhügel des Gefechtsstandes sehen.