Wäscherin der Grenzwache
Die in Kolka lebende Mirdza Stankevica teilt ihre Erinnerungen an die Zeit, als sie Wäscherin war.
„1952 kam ich von Vīdales Cirsti nach Kolka. Damals gab es dort etwa 40 Häuser. Zuerst wohnte ich in einem kleinen Haus neben der alten Schule. Wir waren vier Familien und es war sehr eng. Nach einiger Zeit zog ich nach Uši, sechs Kilometer von Kolka entfernt, und wohnte in „Tirguslauki“. Dort lebte ich dreieinhalb Jahre, bevor ich hierher, nach „Priesteri“, kam. Ich bin seit 1956 hier und wohne seit 1962 in dieser Wohnung (im zweiten Stock).“
Meine Schwester arbeitete bei der Post in Kolka, ich war arbeitslos, und mein Mann auch, weil wir uns scheiden ließen. Er war quasi von der Hand in den Mund gerissen. Und besser, nichts zu haben, als etwas zu haben. Ich hatte gar nicht bedacht, wie schwer es für mich allein sein würde, zwei Kinder zur Schule zu schicken. Aber ich hatte mich entschieden, das musste ich tun, und dabei blieb es. Zuerst half ich den Fischern beim Fischen, hier Berthold Viktor.
Dann fing ich an, für die russischen Grenzsoldaten Wäsche zu waschen. Sie brachten mir die Wäsche. Die Postmeisterin Krasnowaja und meine Schwester hatten mich dazu überredet, denn die Grenzsoldaten hatten gefragt, ob sie jemanden kennen, der Wäsche wäscht. Ich konnte mich schon ein bisschen auf Russisch unterhalten, aber noch nicht schreiben und Formulare ausfüllen. Ich traf die Postmeisterin auf der Post und wir einigten uns. Vor mir hatte eine Frau aus Pitrags Wäsche gewaschen. So fing ich am 1. März an zu arbeiten. Die Soldaten, die mir die Wäsche brachten, meinten, ich solle doch nach einer Wohnung in Kolka fragen, da gäbe es dort eine. Anfangs war mir das sehr peinlich, aber als sie mir eines Tages meinen Lohn brachten, fragte ich einfach.
Am 20. Oktober 1956 kam ich also hierher. Die Wohnung im ersten Stock war ziemlich heruntergekommen. Die Fenster stammten aus deutschen Bunkern, eines war größer, das andere kleiner, man hatte überhaupt keine Aussicht. Das Haus galt als herrenlos und gehörte heute der orthodoxen Gemeinde von Kolka. Dort wohnten russische Offiziere. Es war kalt im Zimmer, meine Kinder waren klein, das jüngste ging noch nicht zur Schule, das älteste aber schon in die erste Klasse. Oben gab es nur einen Ofen und einen Kamin, aber keinen Rollladen oder Backofen, um die Wärme länger zu halten. Vor mir hatte Dr. Marchenko hier gewohnt, ihr Mann war Leutnant bei der Grenzpolizei. Das Zimmer war vernagelt, aber es war erstaunlich, wie die Ärztin dort gelebt hatte. Danach zogen sie in das Kolkaer „Kristiem“. Damals gab es in Kolka bereits ein kleines Krankenhaus, und die Ärztin arbeitete auch dort.
Ich habe die Wäsche für 40 Grenzbeamte gewaschen: Hemden, Hosen, Unterwäsche, Bettwäsche und Überschuhe. Die Grenzbeamten mussten ihre Uniformen nicht waschen. Es war schwierig, ihre Windeln zu waschen, da diese in ihren Lederstiefeln bereits stark verschmutzt waren.
Um die Wohnung etwas aufzuräumen, habe ich ein bisschen getrickst und mir Pappkartons aus der Fabrik besorgt. Damit habe ich dann die mittlere Wand eingerissen, sodass keine nackten Dielen mehr zu sehen waren. Hauptsache war, dass ich die Wäsche irgendwo trocknen konnte. Also habe ich zwei Wäscheleinen im Zimmer aufgehängt, eine an meinem Bett entlang, die andere auf der anderen Seite. Unten im Flur wurde ein Boiler installiert, in dem ich Wasser erhitzen konnte. Also habe ich immer draußen gewaschen, den großen Boiler an einem Haken aufgehängt und die Wäsche dort gekocht.
Sie gaben mir Pulver, aber es reichte nicht, ich kaufte später selbst welches. Die Dosis betrug 8–10 Gramm pro Kilogramm. Angeblich wog ein sauberes Laken 250 Gramm. Die Wäsche wurde nicht jedes Mal gewogen. Anfangs verdiente ich 15 Rubel im Monat. So kamen wir drei mit dem wenigen Geld zurecht. Leb, wie du willst. Ich konnte auch nicht zur Fabrik gehen, weil ich die Kinder nirgendwo unterbringen konnte. Die Schule war neben unserem Haus, also konnte ich auf sie aufpassen. Als die Offiziere dann in das neue Haus umzogen, bekam ich eine Wohnung im zweiten Stock.
Die Offiziere hielten Schweine in einem Schuppen nahe dem Haus. Nach einer Weile bauten sie dort eine Waschküche und einen Ofen, aber das war's auch schon. Die Dampfgarer heizen bereits, mehr braucht es nicht. Den ganzen Tag Gummistiefel an und los geht's.
Anfangs gab es keinen Strom, also bügelte ich mit Kohlebügeleisen. Meine Freunde meinten, ich würde beim Bügeln schrecklich arbeiten. Ich faltete und bügelte die Laken, aber Hemden, Hosen und Kissenbezüge bügelte ich. Dafür benutzte ich kleine braune Lappen, die ich faltete und bügelte. Jedes Mal waren es 80 Laken, zwei für jedes Bett.
So habe ich etwa drei bis vier Monate lang für diese 15 Rubel im Monat gewaschen. Der Starshin war aber ganz normal; er hat mir sogar noch etwas zusätzlich vermerkt, zum Beispiel über die Kleidung der Köchin; er hat mitgezählt, dass ich sie jeden Tag gewaschen habe. Am meisten beeindruckt hat mich aber, dass sie mir und meinen Kindern Mittag- und Abendessen gaben, denn mit 15 Rubel konnten drei Personen nicht genug zu essen haben.
Es war schon mühsam genug, die ganze Wäsche auf dem Brett auszubreiten; ich hatte schon vier Bretter damit gerieben. Am schlimmsten war das Trocknen, besonders im Winter. Die Wäsche trocknete nicht mehr, sie fror einfach ein. Ich trocknete sie auch draußen, sowie im Außenposten am Ende der Schule, wo Pferde und Schweine waren. Hinter dem Pferdestall gab es eine Turnhalle, und dort trocknete ich die Wäsche im Winter am häufigsten. Aber ich musste sie jeden Tag hin und zurück tragen, also schleppte ich die halbgefrorene Wäsche, warf mir zehn Laken über die Schulter und lief über das Feld. Danach trocknete ich sie gegenüber der Kolkaer Lutherischen Kirche „Vagaros“ bei Dzidra Bēržina, aber dort musste ich sie die Treppe zum Dachboden hochtragen. Damals stand hinter der Kirche ein Wagen, den gibt es jetzt nicht mehr; dort habe ich auch schon Wäsche getrocknet. Es gibt fast kein Haus in Kolka, in dem nicht Wäsche getrocknet wurde. Früher konnte ich die Wäsche noch hinaustragen und trocknen, aber jetzt kann ich das nicht mehr, nicht weil es mir an Kraft mangelt, sondern weil es in Kalkutta niemanden mehr gibt, dem ich vertrauen kann, weil die Wäsche gestohlen werden kann.
Bis zur Kirche verliefen vier Wasserleitungen, sodass die Wäsche im Winter, wenn man sie montags aufhängt, bis Donnerstag trocken ist. Im Sommer ist es ganz einfach.
Die Beamten mussten ihre Wäsche nicht waschen, das erledigten sie selbst.
Ich war auch ein Dummkopf und habe eine Zeit lang die Wäsche für die Matrosen gewaschen, es waren etwa 16. Die gestreiften Hemden der Matrosen ließen sich leicht waschen, aber die Segeltuchanzüge – die waren wie Bäume. Ich habe sie nicht von Hand gewaschen. Sie hatten ihre Waschmaschine, eine „Tula“, mitgebracht, und ich habe auch immer nur einen Anzug gewaschen. Manchmal waren die Anzüge schon ziemlich abgenutzt, aber ich wollte sie unbedingt sauber bekommen. Danach habe ich auch für die Bauarbeiter gewaschen, das waren etwa 30. Eine Zeit lang habe ich auch für die Leuchtturmwärter gewaschen. Ich habe das Wasser von Hand aus dem Brunnen geholt, alles hineingetragen und wieder ausgeschüttet. Am schwierigsten war das Auswringen der Wäsche von Hand.
Um die Wäsche weiß zu bekommen, benutzte ich Silikatkleber. Er wurde in 0,5-Liter-Flaschen verkauft, und eine Freundin aus Sibirien hatte mir die Anwendung gezeigt. Ich hatte einen großen Topf, der 16 Eimer Wasser fasste, und gab eine Flasche Silikatkleber hinein. Die Wäsche wurde strahlend weiß. Ich wusch jeden Tag einen Topf und versuchte, sonntags etwas mehr Zeit zu investieren. Anfangs kaufte ich auch Waschsoda, das war billig.
Nach einiger Zeit wurde eine ordentliche Waschmaschine gebracht, die aber nicht für den ländlichen Gebrauch geeignet war, da sie an die Wasser- und Abwasserversorgung angeschlossen werden musste. Ein solches Gerät gibt es in diesem Haus aber bis heute nicht. Dann brachten sie mir eine Waschmaschine vom Typ „Riga-8“, die aber nur Taschentücher waschen kann, keine Wäsche für das Militär.
So habe ich 28 Jahre lang gearbeitet, bis 1984. Ich habe mit dem Wäschewaschen angefangen, als ich 30 war, und mit 58 aufgehört. Mit 77 bin ich in Rente gegangen, nachdem ich die ganze Zeit zwei Jobs hatte und zusätzlich noch als Wachmann in einer Bäckerei gearbeitet habe.
Der Arbeitstag begann um 4 Uhr morgens. Dann heizte ich den großen Topf auf, bereitete das Frühstück für die Kinder zu, brachte sie zur Schule, wusch die Wäsche und ging um 12 Uhr zur Bäckerei, wo ich bis 17 Uhr arbeitete. Abends bügelte ich dann wieder.
Ich hatte einen Freund aus der Sowjetunion. Seine Mutter besuchte ihn aus Leningrad und blieb etwa zwei Wochen. Sie brachte mir allerlei Geschenke mit und lud mich zu Neujahr ein. Ich war noch nie in Riga gewesen, aber jetzt, mit über 40, fuhr ich nach Leningrad. Wie dumm man doch sein kann! Sie nahmen mich mit zu all den schönen Orten, zur Eremitage, nach Petropawlowsk. Ich hätte nirgendwohin reisen können, mir fehlte das Geld und die Möglichkeit. Sie bezahlten meine Reise und übernahmen alle meine Lebenshaltungskosten. So blieben wir beide in unseren jeweiligen Ländern, denn ich wollte nicht in einem anderen Land zusammenleben, ich wollte überhaupt nicht in der Stadt wohnen, mich nur treffen – das war’s.
Die Soldaten behandelten mich menschlich, selbst wenn der Vorarbeiter ein Schwein schlachtete, gab er mir immer ein Stück Fleisch.
Es wurden keine privaten Arbeitskräfte mehr eingestellt. Die Grenzbeamten kümmerten sich selbst um das Vieh. Anfangs besaßen sie drei Pferde, der Viehhüter wurde als Reiter bezeichnet, später wurden die Pferde jedoch abgeschafft. In den letzten zehn Jahren hielten die Grenzbeamten keine Schweine mehr.
Die Offiziere waren größtenteils Ukrainer, sie waren von Natur aus sparsam und fleißig. Siderenko, Ushnarenko – er war ein wahres Arbeitstier; im Herbst hatte er Kohl und andere Dinge besorgt, sein Keller war immer voll. Diese Vorräte wurden den Soldaten zusätzlich zur Verfügung gestellt. Er legte Äpfel ein. In große Fässer schichtete er Roggenstroh und Äpfel und übergoss sie dann mit süß-saurer Salzlake. Die Äpfel waren sehr schmackhaft, sie verfaulten nicht in den Fässern, sondern schmeckten hervorragend.