Waldbruder Harry Möttus

Harry Mõttus (1921–1991), der Vater des heutigen Besitzers des Bauernhofs, Meelis Mõttus, wurde bereits 1940 Waldbruder. Da er niemanden getötet hatte, verließ er 1954 freiwillig den Wald. Dies war der Zeitpunkt, an dem die ersten estnischen Deportierten nach der nach Stalins Tod verkündeten Amnestie aus Sibirien zurückkehrten.

„Mein Vater erzählte mir und meinen Brüdern wenig über seine Zeit als Waldbruder“, sagt Meelis, der die Härten seines Vaters während seiner Kindheit miterlebte. „Vor 30 Jahren fällte ich mit ihm Bäume im Wald, als er mir sein großes Geheimnis anvertraute, über das ich lange schwieg.“ Sein Vater hatte seine Maschinenpistole unter den Dielen am Kamin auf dem Dachboden der Schule versteckt, bevor er aus dem Wald kam. Zum 75. Jahrestag der Republik Estland im Jahr 1993 eröffnete Meelis in seinem Heimatdorf einen Laden mit Waldbruder-Artikeln zum Gedenken an seinen Vater. Zum 80. Jahrestag der Republik Estland organisierte er vor seinem Laden bei Sonnenaufgang eine Flaggenweihe. Dabei fasste Meelis den Mut, die Pistole aus ihrem Versteck zu holen. Die PPSh-Maschinenpistole wurde deaktiviert und dem Museum von Mõniste geschenkt, wo sie noch heute ausgestellt ist.

Erzähler: Meelis Mõttus

Zugehörige Objekte

Waldbruder Bauernhof in Võrumaa

Der Waldbruder-Bauernhof liegt in unmittelbarer Nähe der estnisch-lettischen Grenze im Dorf Vastse-Roosa.

 

Der 1999 eröffnete Waldbruder-Bauernhof bietet Bunkertourismus an – eine Möglichkeit, sich mit einer der wichtigsten Etappen der jüngeren estnischen Geschichte im Rahmen einer Waldbrüder-Expedition vertraut zu machen, einschließlich des Besuchs eines Waldbruder-Bunkers. Während des Ausflugs machen sich die Teilnehmer auf die Suche nach einem Waldbruder in seinem Versteck, besuchen den Bunker, hören authentische Geschichten, singen zusammen mit dem Gastgeber Waldbrüderlieder und nehmen eine Waldbrüdermahlzeit oder aber ein Festmahl zu sich. Die Hauptattraktion ist ein Bunker, der in den Hang gegraben wurde und mit feinen Nadelbaumstämmen ausgekleidet ist. Der Bunker hat eingebaute Pritschen und einen kleinen Tisch. In Bunkern wie diesem fristeten Hunderte von tapferen, aber leidgeprüften Männern in der zweiten Hälfte der 1940er bis zum Anfang der 1950er Jahre ein einsames Dasein.