Berichte litauischer Soldaten über den Alltag im Krieg

Die Memoiren enthalten eine Vielzahl von Erinnerungen an den Alltag im Krieg, Erlebnisse aus Schlachten, militärischen Humor, alltägliche Bedingungen und bolschewistische Suchaktionen.

In den Memoiren litauischer Soldaten, Unteroffiziere und mitunter auch Offiziere finden sich vermehrt Beschreibungen des Kriegsalltags. In ihren Schilderungen der Kämpfe gegen die Rote Armee werden die schlechten Lebensbedingungen der Soldaten, die Unterstützung und Wohlwollen der litauischen Bevölkerung hervorgehoben, und die Teilnahme an den Schlachten wird oft als eine Belastung dargestellt, die den gewohnten Tagesablauf durchbrach. So schrieb beispielsweise der verstorbene Alfonsas Bartininkas über die Kämpfe um Žąsliai: „Wir marschieren in Ketten, Schüsse fallen, wir greifen heftig an, abends graben wir uns ein, morgens greifen wir wieder an, wir ziehen uns aus Žąsliai zurück, setzen nach Eglainė über und essen gekochte Erbsen und zähes Fleisch.“

Anonyme Memoiren über die Teilnahme an der Schlacht von Kėdainiai erwähnen schlechte Verpflegung, ein Gefecht mit der Roten Armee nahe des Guts Aristavas, den Tod und die Beerdigung von Povilas Lukšys, die Eroberung von Šėta und einen Feldzug nach Ramygala und Truskave. Die Memoiren eines Soldaten des 4. Infanterieregiments aus dem Jahr 1921 berichten von Pferden, die durch das Feuer der Roten Armee verängstigt wurden, von durchgegangenen Karren, von Kugeln, die einem um die Ohren pfiffen, von Unordnung in den Reihen der Soldaten, von der Suche nach Rotarmisten auf Bauernhöfen und der Vernehmung ihrer Gefangenen, von verspäteten Soldzahlungen und von Verletzungen unter den Soldaten[1]. Was den Soldatenalltag betrifft, beschreiben die Memoiren von J. Macelis eine Intrige, in der Rotarmisten Kartoffeln ausgruben und die Bewohner belästigten und deshalb beim Kartoffelbacken angegriffen wurden. Stasys Butkus schilderte auch einen kuriosen Vorfall an der Front: Vier Freiwillige griffen auf Erkundungsreise die Büsche an – mit einem Augenzwinkern, um metaphorisch zu zeigen, dass die Front kein „Schlachthaus“ sei. Neben Berichten über direkte Gefechte mit der Roten Armee finden sich in den Memoiren auch Informationen über indirekte Auseinandersetzungen, wenngleich diese nicht sehr häufig sind. So beschrieb K. Gutautas beispielsweise, wie er nach Vilkaviškis reiste, um die Bolschewiki zu bekämpfen und nach kommunistischer Literatur und Waffen zu suchen. Seine Memoiren sind geprägt von Durchsuchungen, Verhaftungen und Berichten über die Festnahme von Räubern. Die 1937 in „Lietuvos Aide“ veröffentlichten anonymen Memoiren enthielten hauptsächlich Episoden über die Verhaftung bolschewistischer Spione.

Verwendete Quellen und Referenzen:
  • V. Safronovas, K. Kilinskas, D. Mačiulis, Geschichte der Überlebenden im Litauen der Zwischenkriegszeit: Rollen, Erfahrungen, Lehrbucherzählungen und die Politik der Erinnerung, Klaipėda, 2022.